01.05.2019 – Saalehorizontale - Eine Langstreckenwanderung
Als Geographie-Interessierter und als „erfahrener Betreuer“ war ich sofort begeistert, als ich von der Idee von Sabine, Ines und Thomas las, die komplette Saalehorizontale in Jena an einem Tag abwandern zu wollen. So bot ich mich als Begleiter, Unterstützer, Fan und Motivator an, an diesem Tag dabei zu sein.
Früh um 03:00 Uhr fuhren wir in Halle los. Stockdunkle Nacht, Feiertag – die Autobahn war leer und ich brachte die drei schnell an den Startpunkt. Unterwegs war es sehr ruhig im Auto, sei es aus Respekt vor der Aufgabe, stiller Vorfreude oder doch noch vorhandener Müdigkeit – egal. Vor dem Klinikum ganz im Süden von Jena in Lobeda erspähte ich einen großen Parkplatz, wo ich sie dann aussteigen und beginnen lassen wollte. Mit Schwung hinter einem anderen PKW hinterher bemerkte ich noch beim Einbiegen auf den Parkplatz eine offene Schranke und dachte mir nichts dabei. Natürlich ging diese nach mir zu. Ich meinte dann nur zu den dreien, das wäre jetzt mein Problem und sie sollen erst mal loswandern. So warfen sie sich den Rucksack mit den Notwendigkeiten für den ersten Tagesabschnitt auf den Rücken, schnallten sich die Stirnlampen um den Kopf und begannen um 04:08 Uhr bei 6 °C ihre Herausforderung anzunehmen. Das Verlassen des Parkplatzes stellte für mich dann kein Problem dar. War er zwar mit Holzpollern umringt, war der Abstand zwischen diesen an einigen Stellen aber so groß, dass ich über eine niedrige Bordsteinkante und über 3 m Rasen bequem dazwischen hindurch fahren konnte. Reichte der Sprit in meinem Tank locker für die Hinfahrt aus, musste ich nun als erstes Tanken fahren, denn für den Rest des Tages würde er nicht mehr reichen.
Saalehorizontale – das ist ein 72 km Wanderweg rings um Jena 9x Hügel rauf und Hügel wieder runter vorbei an vielen kleinen Sehenswürdigkeiten, alten Burgruinen, sehr viel durch Wälder über die Muschelkalkfelsen mit schönen Ausblicken auf und über Jena und durch viele kleine Ortschaften insgesamt 1734 m bergauf und 1757 m bergab.
Nun wollte ich ja die drei immer wieder mal unterwegs treffen. Dazu hatte ich mich im Vorfeld sehr intensiv mit der Wegführung beschäftigt und sollte laut Google Maps auch mit dem Auto ganz gut ranfahren dürfen. In Wirklichkeit durften mich dann allerdings Schilder wie „Durchfahrt verboten – Anlieger frei“ oder „nur Forstfahrzeuge“ oder „Absolutes Halteberbot“ auch handbedienbare Schranken vor Waldwegen nicht hindern. In Jena-Wöllnitz wies mir um 04:40 Uhr ein freundlicher Zeitungszusteller den richtigen Weg zum „Fürstenbrunnen“, den ich dann auf einem breiten Waldweg im stockdunklen auch erreichte. Die Dämmerung setzte gerade ein, durch die dichtstehenden Bäume kam das erste schwache Licht des Tages, da tauchten vor mir die Stirnlampen von Sabine, Ines und Thomas auf. Ich begleitete sie ein paar Schritte bis zum Fürstenbrunnen und dann zogen sie forschen Schrittes weiter. Ich schoss noch ein paar Fotos und machte mich auf den Weg nach Ziegenhain. Hier fand ich den ausgeschilderten Weg ganz am Ende, fast schon hinter dem Ende des Ortes an einer kleinen Wiese wieder. Dort muss in der Vornacht ein flotter „Tanz in den Mai“ stattgefunden haben, loderten doch noch einige kleine Flammen aus dem großen Lagerfeuer, auch standen mehrere Zelte mit einer kompletten Musikanlage, Lautsprechern, kistenweise Wein, einige Schnaps- und Bierflaschen völlig unbewacht herum.
Selbst auch noch etwas müde setzte ich mich ins Auto, um zu warten. Als ich nach 10 min. die Augen öffnete, schaute mich Sabine durch Seitenfenster an. Die drei nahmen ein kleines Frühstück, legten die Stirnlampen ab, packten die Rucksäcke geringfügig neu und weiter gings. So verlief der Tag meinerseits immer wieder mit dem Fahren einer Schleife, um zurück zum Wanderweg zu kommen und auf die drei zu treffen. Dabei traf ich in Kunitz auf die alte ausgestellte Kirchenglocke, in Tautenburg auf ein privates Reh- und Hirschgehege und noch so einige kleine Augenfreuden. In Beutnitz gönnten wir uns alle gemeinsam ein kleines Mittagessen in einem Dorfgasthof. In Dorndorf war der nördlichste Punkt erreicht. Hier ging es auf die andere Seite der Saale hinüber. Ging es vorher immer rechtsseitig stromabwärts, folgte nun der Rückweg linksseitig stromaufwärts, wo als erstes der kurze Aufstieg zu den Dornburger Schlössern zu bewältigen war.
Dort oben angekommen, mittlerweile hatten wir 22 °C, plagten Thomas derartig große Probleme mit seinen Füßen, dass er sich vernünftigerweise für das Einsteigen ins Auto entschied, um größere Nach- und Auswirkungen zu verhindern. Schließlich möchte er in 2,5 Wochen den Rennsteiglauf bewältigen. Die Mädels trafen wir dann noch 3x auf dem letzten Abschnitt und ich hatte nun Unterhaltung im Auto. Ganz am Ende verzichteten sie dann auf das Weitertragen der Rucksäcke, um möglichst viel Ballast loszuwerden, mussten sich die Stirnlampe wieder anlegen und zählten mit uns gemeinsam jeden einzelnen noch zurückzulegenden Kilometer (man kann bald sagen Meter) runter.
Im Stadtzentrum von Jena auf dem Carl-Zeiss-Platz warteten dann Thomas und ich auf die beiden. Und schon sahen wir auf den letzten Metern in einem kleinen Hohlweg die Stirnlampenlichter auftauchen und konnten sie um genau 21:47 Uhr bei 13 °C nach 72,8 km mit einer tiefen Verbeugung und einem kleinen Glas Sekt in der Hand herzlich beglückwünschen. Nun aber schnell ab ins Auto, sicher nach Hause, wo ich in Halle alle zwischen 23:05 Uhr und 23:30 Uhr absetzte. Ich wünsche viel gute Erholung für Eure Beine und Füße.
Ein wunderschöner Tag, viele neue Ecken kennengelernt, schöne Eindrücke gesammelt, bei jedem Treffen in die freudigen Gesichter von Sabine, Ines und Thomas geschaut, bestes Wetter, in den vielen kleinen Orten viele Maifeste, u. a. in Stiebritz das Backofenfest oder in Dorndorf das Entenrennen, ein Feiertag kann schlimmer kommen.
Text: Lutz Schendel
Bild: Lutz Schendel, Thomas Probst