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14.08.2015 - 4. 100-Meilen-Berlin - Mauerweglauf - Schleichende Hallunken erlaufen Geschichte

von Thomas Probst

Wenn man "Schleichende Hallunken" in den zahlreichen Online-Lauf- und Erlebnisberichten des LAV Halensia e.V. liest, dann wissen Kenner sofort - die LAVler waren mal wieder als Staffel läuferisch unterwegs.

Das Ziel der Hallenser und Hallunken dieses Mal - die erste Teilnahme am 100-Meilen-Mauerweglauf in Berlin, einer Veranstaltung, die nunmehr seit vier Jahren von Jahr zu Jahr mehr Teilnehmer in die Hauptstadt zieht und auf besondere Weise Ultralaufsport und deutsch-deutsche Geschichte miteinander verbindet. Das Alleinstellungsmerkmal dieser Laufveranstaltung ist dabei die Laufstrecke selbst, führt sie doch über 100 Meilen (mehr als 160km) entlang der ehemaligen DDR-Grenzanlagen rund um Westberlin.  Die Berliner Mauer, stellt sie doch das Symbol des Kalten Krieges dar, riss 28 Jahre lang Familien und Freunde auseinander und forderte mehr als 130 Todesopfer bei Fluchtversuchen. Den Organisatoren der LG Mauerweg e.V. wird daher nicht nur die sportliche Verantwortung gegenüber den (Ultra)läufer/innen zuteil, sondern auch gegenüber des geschichtsträchtigen Kurses und vor allem der Opfer, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen.

Vom Mauerweg erfuhr ich im Jahr 2012, als ich bei der Recherche nach einer kurzen Radreise auf diese Route stieß. Geschichtlich durchaus interessiert und im ehemaligen Grenzgebiet der 80er Jahre nahe Probstzella (Thüringen) aufgewachsen, beradelte ich seiner Zeit zu dritt den Weg an zwei Tagen. Neben den vielen Informationstafeln und den Dokumentationen der tödlichen Fluchtversuche entlang des Weges, beeindruckte seiner Zeit vor allem, wie wenig noch von den ehemaligen Grenzanlagen zu sehen ist. Darüber hinaus faszinierte mich die Gegensätzlichkeit der Umgebung des Weges. Von quirligem Großstadtflair bis zu einsamen Naturoasen hält der Mauerweg alles parat. Weitere Beradelungen im sportlichen Tempo folgten und die Begeisterung für diesen Weg blieb.

Irgendwann rückte auch der Mauerweglauf in den Fokus. Nur die Distanz von 100 Meilen schien mir seiner Zeit als Einzelläufer einfach illusorisch. Das später entdeckte Angebot einer Staffelteilnahme, ließ dann schon eher mein Herz höher schlagen. Mitstreiter für eine 4er-Staffel waren im Verein schnell gefunden, gibt es da doch ultralauferfahrene Läufer, die vor allem die lange 4. Etappe über 58 km sicher bewältigen können. Aber auch die helfenden Radbegleiter/innen durften nicht fehlen.

Mit großer Vorfreude und einigen organisatorischen Absprachen im Vorfeld, war es dann am letzten Wochenende endlich soweit und wir (Stephan Müller, Norbert Krüger, Andreas Neubert, Thomas Probst) trafen uns zur Startnummernausgabe und Pastaparty in Berlin am Alexanderplatz. Keine Turn- oder Messehallen waren der Ort des Geschehens, sondern ein schickes Hotel. So aßen wir nach der unkomplizierten Startunterlagenausgabe mit Erinnerungsfoto und kleinem "Mauerrestepräsent", unsere leckeren Nudeln vom reichhaltigen Buffet auch von Porzellan, anstatt von Plastiktellern. Beim anschließendem lockeren Briefing mit Beamerpräsentation wurden uns die Regeln der Veranstaltung nochmals verantwortungsbewusst nahe gebracht (z.B. Verkehrsregeln, Getränkepflichtmitnahme) und auch nicht die ärztlichen Aspekte außer Acht gelassen. Besonderer Aufmerksamkeit wurde hier auch der geschichtlichen Bedeutung geschenkt. Marienetta Jirkowsky, 1980 bei ihrem Fluchtversuch tödlich verletzt, wurde in diesem Jahr stellvertretend für alle Maueropfer gedacht und wir wurden gebeten, während des Wettkampfs eine kleine Botschaft an eine Pinnwand am Fluchtort zu heften. Dieser Bitte kamen wir selbstverständlich gern nach und so stand „Laufend gegen das Vergessen!“ auf unserem Kärtchen. Aufgewühlt von diesen Eindrücken stieg die Spannung auf den Wettkampf stetig an.

Das Rennen begann am Folgetag eine Stunde nach den Einzelstartern um 7 Uhr im ehrwürdigen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in der Cantianstraße.

von Stephan Müller

Im Gegensatz zu normalen Rennen, wollte keiner so recht in der ersten Reihe stehen. Der Startschuss fiel pünktlich 7 Uhr, wie beim normalen Rennen auch, sind alle aber zu schnell los. Nachdem  sich alles sortiert hatte, fand ich mich auf Platz 3 wieder. Vor mir die „Finanzer“, 4er Staffel und eine 10er Staffel. Die „Finanzer“ waren im Stadion fast im Tiefstart gestartet und ebenso schnell auf der Strecke aus dem Sichtfeld. An der ersten roten Ampel lief eine dritte 4er Staffel auf mich auf. Da er ein ähnliches Tempo lief, entschieden wir uns, das Rennen zusammen zu laufen. Für mich praktisch, da das Team „Laktat3“ eine offizielle Radbegleitung hatte, die das obligatorische 500ml-Getränk für mich mitführen konnte.
Bei KM 15 sollte eigentlich meine Freundin stehen, aber da wir zu schnell unterwegs waren, konnte ich ihr nur von weitem zuwinken. Zwischenzeitlich hatten wird den Läufer der 10er Staffel überholt, sodass nur noch die 4er Staffel der „Finanzer“ vor uns lag. Bei KM 22 standen Freunde an der Strecke, die den Abstand auf den Führenden auf nur noch 1 Minute schätzten. Das motivierte zusätzlich, das Tempo beizubehalten, was sich bei dem Streckenverlauf (wellig, Ampeln, Kopfsteinpflaster) und dem Anstieg der Temperatur als nicht so einfach erwies. So verlor der Läufer von „Laktat3“ den Anschluss und ich musste allein auf die Jagd gehen. Und tatsächlich, nach wenigen Kilometern war er in Reichweite. Das Tempo etwas erhöht und locker vorbei geflogen, damit er gar nicht er auf die Idee kommt, mitzulaufen. Der Plan funktionierte gut, da er wohl gerade den „Mann mit dem Hammer“ getroffen hatte. So konnte ich schnell Abstand gewinnen und jetzt mit dem Führungsrad dem Ziel entgegen laufen. Allerdings war jetzt auch bei mir die Luft raus, sodass ich froh war, nach knapp 34km endlich an Norbert zu übergeben. Auch der Läufer vom Team „Laktat3“, mit dem ich lange Zeit gelaufen bin, konnte das „Finanzer-Team“ noch stellen.

 

von Norbert Krüger

Während Stephan sich mit dem sehr ambitionierten Startläufer vom Team „Finanzer“ einen harten Kampf um die führende Staffelposition lieferte, konnte ich am Start im Jahn-Sportpark am bestens bestückten Frühstücksbuffet erst einmal die energetische Vorbereitung des Laufes mit belegten Brötchen und Kaffee vornehmen. Stephan hatte offensichtlich auch gut gefrühstückt, denn ich bekam am ersten Wechsel als erster Läufer der 4er Staffeln den Transponder von Stephan übergeben. Danke Stephan, denn die führende Staffel wurde ebenso wie die führenden Einzelläufer durch ein Begleitfahrrad durch den Großstadtdschungel geleitet. Es hätte dessen sicher nicht bedurft, denn die Strecke war durch Sprühpfeile auf dem Boden hervorragend präpariert. Da war die Fahrradbegleitung durch unsere Mädels Sabine und Ines schon weitaus nützlicher. Die Wasserstellen waren zwar nur 5 – 7 km auseinander, aber bei schon etwas höherem Sonnenstand wäre es mir ohne Trinkflasche und Wasserschwamm dennoch sicher sehr schlecht ergangen. Aber so brauchte ich keine Flasche füllen oder gar schleppen, nur trinken und laufen. Danke auch an euch, liebe Mädels! Ich hatte nun also die Aufgabe, den Transponder möglichst schnell vom Wechselpunkt am Ruderclub Oberhavel in Hennigsdorf über Nieder Neuendorf, Schönwalde, Spandau, Staaken, Groß Glienicke bis in den Schlosspark Sacrow in Sichtweite zu Potsdam zu tragen. Thomas hatte mir hierfür die landschaftlich schönste Etappe überlassen. Weite Streckenabschnitte führten uns auf asphaltierten Radwegen am Stadtrand von Berlin entlang. Manchmal in Sichtweite zur Havel, oft durch Garten-, Wiesen- und Auenlandschaften und über weite Strecken auch im Schatten der Bäume. Also ein schöner „Waldspaziergang“ in sehr angenehmer Begleitung. Obwohl uns die Laktatstaffel nicht bedrängt hat, hat mir dann bei Km 34, kurz vorm Schluss, der letzte Anstieg dann doch gezeigt, dass hier meine persönliche Grenze erreicht war. Ich war dann natürlich froh, dass ich kurz darauf den Transponder im Schlosspark Sacrow an Thomas weitergeben konnte, denn nun wurde es richtig heiß!


 

von Thomas Probst

Dieser Hitze wollte ich im Vorfeld meiner Etappe über 32 km von Sacrow nach Teltow vor allem durch ausreichende Flüssigkeitszufuhr begegnen. So waren bis zu meiner Startzeit gegen 12:30 Uhr schon einige Liter an Wasser und Elektrolytgetränken aufgenommen, aber vielfach bereits auch wieder ausgeschwitzt. Und das, obwohl ich mich mehr oder weniger nur sitzend im Auto oder auf einem Campingstuhl die Zeit bis zu meinem Start verbracht und dabei die Live-Zwischenzeiten im Internet studiert habe. Vielleicht trieb mir auch die Aufregung ein paar zusätzliche Schweißperlen auf die Stirn als ich feststellte, dass Stephan und Norbert unsere Staffel an die Spitze des Rennens gebracht haben und es nun an mir lag, diese Position zu halten. Sogleich nahm ich aus dem Schlosspark so richtig Fahrt auf und ich folgte der guten Streckenmarkierung, meiner Fahrradbegleitung Uli und dem Führungsfahrrad in Richtung Krampnitz. Einige Anstiege und das forsche Anfangstempo forderten allerdings neben der Hitze bald ihren Tribut und so war die Geschwindigkeit nicht lange aufrecht zu erhalten. Bei den zahlreichen bestens ausgestatteten und liebevoll betreuten Verpflegungsstationen trank ich reichlich und versorgte mein Kaliumdefizit. Auch von außen sorgte ich für nasse Abkühlung, was letztlich aber dazu führte, dass die Hose nicht mehr dort sitzen wollte, wo sie hingehört. Hier half der freundliche und witzige Radfahrer des Führungsfahrzeugs kurzer Hand mit einer Sicherheitsnadel aus. Problem erkannt, Gefahr gebannt - das galt zumindest für diese Angelegenheit. Ab Km 20 traf es mich dann durchaus härter. Plötzlich war mein Akku leer und dafür meine Ohren „zu“ – eine Situation, die ich bis dato noch nicht kannte. Gedanken des Aufgebens kamen auf. Bei jedem Einzelrennen hätte ich sicherlich spätestens dann die Segel gestrichen, als mich zusätzlich noch Krämpfe in den Beinen heimsuchten. So war es vor allem Ines, meiner mich nun begleitenden Radfahrerin zu verdanken, dass ich mich mehr schlecht als recht mit einigen Gehpausen durch Klein Glienicke, Potsdam über den Königsweg bis zum Etappenziel in Teltow quälte. Dort schickte ich mit großem Bangen Andreas auf seine Reise, dass ich nicht genügend Vorsprung auf die Verfolgerstaffeln herauslaufen konnte. Diese Gedanken und andere Dinge mehr gingen mir bis zum Zieleinlauf durch den Kopf.


von Andreas Neubert

Angesichts der umfangreichen und sehr plastischen Schilderungen unseres Mauerweglaufes durch meine Vorschreiber möchte ich an dieser Stelle nur wenig (und keineswegs adäquat zur Länge meiner Etappe) ergänzen. Mich berührte besonders die Verbindung von Sportveranstaltung und Erinnerungskultur zur Berliner Mauer, insbesondere weil man jeweils konkrete Schicksale vor Augen geführt bekommt. Eine im 2. Anlauf vollendete Radtour rund um die Mauer bildeten auch bei mir die Initialzündung zur Teilnahme an dieser Laufveranstaltung - übrigens meinem ersten echten Staffelultralauf. Initiator Thomas Probst war wie immer mit Akribie und Umsicht am Werk, machte beizeiten Nägel mit Köpfen und plötzlich war ich Bestandteil dieses LAV-Laufabenteuers.

Umso mehr bedauerte ich dann, dass mir leider in den Wochen zuvor keine angemessene Vorbereitung gelingen wollte und so fuhr ich den mit eher bangen Erwartungen in die Hauptstadt. Die rücksichtsvolle Fürsorge meiner Mannschaftskameraden verschaffte mir am Starttag die Möglichkeit, im Mannschaftsquartier auszuschlafen und „mein Ding zu machen“, um wenigstens die Tagesform zu optimieren. Natürlich verfolgte ich das Geschehen am Liveticker – schon allein, um hinreichend pünktlich am Wechselort in Teltow zu sein, wo ich nach ca. 103 km den Staffelstab übernehmen sollte. Angesichts der unglaublichen Vorgaben von Stephan, Norbert und Thomas, welche uns in Führung brachten, erfüllte mich eine Mischung aus Freude, Bangen und nicht zu verleugnendem Erwartungsdruck. Nach einer kalten Dusche noch klatschnass, mit feuchten Tüchern umwickelt und reichlich Wasservorrat versehen (erprobtes Proceder bei Hitzeläufen), begab ich mich per S-Bahn an den Wechselort. Mein Aussehen erregte in der pulsierenden, an alle möglichen Originale gewöhnten Hauptstadt, freilich keinerlei Aufmerksamkeit.

Und dann? Nach ein paar Tippelschritten, „Instruktionen“ an die Radbegleitung – zunächst Sabine – tauchte der „todgeglaubte“ bravourös laufende Thomas auf und übergab an mich. Los ging es, mit kühlem Kopf durch die in diesem Streckenabschnitt sehr reizvolle Landschaft am Teltowkanal! Die Mädels unterstützten mich grandios in allen Belangen, versorgten mich mit  mit Speis‘ und Trank und ganz nebenbei erfuhr ich die letzten Neuigkeiten aus dem Vereinsleben. Da vergingen die Kilometer wie im Fluge. Das Rezept, sich in kontrolliertem Tempo von Station zu Station „vorwärtszuhangeln“, schien einigermaßen aufzugehen. Einfach fiel das bei phasenweise tückisch-schwüler Witterung und ob des ungenügenden Trainingszustands widerspenstiger Muskulatur auf dem abwechslungsreichen aber auch anspruchsvollem Kurs freilich nicht.

Die Innenstadt wartetet dann noch mit Herausforderungen ganz eigener Art mit zahlreichen „stop- and –go“- Passagen an Ampeln und Slalomparcours entlang der East-Site-Galerie auf. Und auch die Oberschenkel verkrampften kurz und schmerzhaft im Regierungsviertel, um anzuzeigen, dass das Rennen noch nicht im Kasten ist. Aber da waren es schon vier Radfahrer – Stephan und Claudia hatten sich uns mit dem Tandem zugesellt – und mit solcher Unterstützung sollte es nun doch wohl klappen?! Endlich im traditionsreichen Jahn-Sportpark angelangt, gab es schließlich noch einen Schlussspurt über eine ¾-Stadionrunde. Abendessen, Abschlussveranstaltung und Suppenimbiss boten schließlich einen abwechslungsreichen und stimmungsvollen Ausklang dieser toll organisierten Veranstaltung.

Und ja. Zu guter Letzt gelang es dem Verfasser sogar noch, eine Packung Hallorenkugeln in das Reisegepäck der stets dicht umlagerten „Laufdiva“ Brenda Carawan zu schmuggeln und auf die lange Reise nach Texas zu schicken.

 


 

von Sabine Eckel

Es war am Abend des 2. Inoffiziellen HallAround, als in gemütlicher Runde die Idee einer 4er Staffel beim Mauerweglauf in Berlin laut ausgesprochen wurde. Als es dann auch noch hieß, dass eine Fahrradbegleitung einen gewissen Charme hätte, reichte ein kurzer Blickkontakt zwischen Ines und mir und es war klar - das machen wir! Umgehend wurde der Termin gecheckt und im Kalender erfasst. Der Sommer kam mit großen Schritten und der Plan für den 15. August nahm immer mehr Form an. Die einzige Anforderung an Ines und mich war "Seid einfach da!" Das klingt zunächst ganz einfach - erforderte aber doch noch einiger Überlegungen und Absprachen. Die Internetseite wurde nach für uns wichtigen Informationen durchwühlt, der Streckenplan analysiert, die Verpflegungs- und Wechselpunkte in für uns sinnvolle Abschnitte zum Wechseln sortiert, die Anfahrt und Übernachtungen geplant, der Tisch für die Feier danach reserviert und die Aufregung im Zaum gehalten - schließlich waren wir doch "nur" die Radbegleitung. Aber irgendwie war in der ganzen Vorbereitungsphase auch ein Funke auf Uli übergesprungen. Er hatte sich entschlossen uns zu begleiten und wenn Wetter, Form und Lust stimmte, wollte auch er spontan eine Etappe mit dem Rad übernehmen. Aber auf jeden Fall hatten wir mit ihm jetzt einen Fahrer, der uns absolut sicher um, durch und in Berlin manövrieren würde und pünktlich zu den jeweiligen Verpflegungspunkten bringen würde.

Endlich war es soweit. Nach einer entspannten Anfahrt nutzten wir den Abend vor dem Start für die letzte Detailplanung. Da auf den ersten Kilometern eine Fahrradbegleitung nicht gestattet war, planten wir bei Verpflegungspunkt 4 am Wachturm Hohen Neuendorf zwischen Kilometer 22 und 23 einzusteigen. Somit waren durch uns 140 Kilometer zu bewältigen und wir entschlossen uns zu einem Wechsel alle 20 - 25 Kilometer. Durch die super Übersicht aller Verpflegungs- und Wechselpunkte mit direkter Verbindung zu GoogleMaps waren die exakten Adressen schnell ermittelt - das Navi entsprechend präpariert und wir konnten rechtzeitig zu Bett gehen - schließlich würde es ein langer Tag werden. Wie aufregend, erlebnisreich, intensiv und emotional dieser werden würde, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. 

Nach einem wunderbaren Frühstück bei meinen Eltern, machten wir uns kurz vor 8 auf den Weg nach Hohen Neuendorf. Die Strecke  - an dieser Stelle im Wald gelegen - war gut zu finden und die immer mehr werdenden bunten Punkte deuteten darauf hin, dass wir hier genau richtig waren. Wir begrüßten zahlreiche gut gelaunte Einzelläufer und wagten es nicht laut auszusprechen, was diese heute noch vor sich hatten. Nun hieß es warten auf unseren ersten Läufer. Wir wussten, dass Stephan von Anfang an ein hohes Tempo angehen würde - nach unseren Berechnungen müsste er also jeden Moment auftauchen. Ein erster Blick ins Internet auf die Zwischenzeiten verunsicherte uns aber zunächst - denn bei Stephan waren bisher noch keinerlei Zwischenzeiten erfasst. Ob alles in Ordnung war? War er gut gestartet? Gab es Probleme auf der Strecke? Funktionierte der Transponder vielleicht nicht? Aber gerade als unser Puls ansetzte zu steigen, bog er um die Ecke und es wurde auch für uns Ernst. Ab jetzt begann unser persönliches Wechselbad der Gefühle. Das, was wir in den nächsten 13 Stunden erlebten, kann man kaum in Worte fassen und es würde hier auch den Rahmen sprengen. Von aufregend über lustig und besorgt, bis hin zu unterhaltsam und euphorisch war alles dabei. Wir wollen an dieser Stelle nur einige dieser Momente beschreiben, um euch einen ungefähren Eindruck vermitteln zu können. Also z.B. unser Stephan - kein Mann der vielen Worte - aber dafür der schnellen Zeiten! Ein kurzes Guten Morgen musste reichen, um dann auch gleich die wichtigste Frage zu stellen "Wie weit liegt die 1. 4er Staffel vorn?" Meine Info, dass ihn nicht mal mehr eine Minute vom 1. trennt, verlieh unserem Stephan glaub ich einen extra Energieschub und er legte noch einmal eine Schippe drauf. Unsicher, ob ich vor, neben oder hinter ihm fahren sollte, ob er Unterhaltung brauchte oder anderweitige Unterstützung, fanden wir auf den nächsten paar Kilometern unseren gemeinsamen Rhythmus und schlängelten uns geschickt durch die auf diesem Abschnitt noch zahlreichen Einzelläufer. So erreichten wir dann auch schon bald den führenden Staffelläufer und überholten ihn. Ab diesem Zeitpunkt begleitete uns deshalb auch ein zweiter Radfahrer - die offizielle Radbegleitung des organisierenden Vereins. Souverän und absolut profilike spulte Stephan Kilometer um Kilometer ab und erreichte schließlich den 1. Wechselpunkt - im Ergebnis hatte er seine Etappe im wahnsinnigen 4:19er Schnitt absolviert. Am 1. Wechselpunkt übernahm ich dann einen gut gelaunten Norbert. Keine Spur mehr von Selbstzweifel - schönes Wetter - eine landschaftlich wirklich schöne Strecke - schwatzen zum Zeitvertreib und ansonsten einfach nur laufen - das war die Devise auf dieser Etappe. Bei Einzelläufern, die unser Norbert noch ganz nebenbei "einsammelte" entschuldigte er sich mit den Worten "Ich darf das - ich bin Staffelläufer!" und wuchs im Ergebnis über sich hinaus. Am 2. Wechselpunkt hatte er der Staffel einen Vorsprung von 4-5 Minuten erlaufen, so dass wir weiter auf Platz 1 unterwegs waren. Inzwischen war es 12:30 Uhr und Thomas machte sich in Begleitung von Uli und dann Ines auf die zwar kürzeste, aber von den Bedingungen vielleicht die schwerste Etappe. Es war heiß und stickig geworden, die Strecke war gespickt mit Anstiegen und lange Abschnitte war Schatten absolute Mangelware. Aber sein hoher Anspruch an sich selbst und die Info über den aktuellen Vorsprung veranlassten Thomas von Anfang an ein hohes Tempo anzugehen. Die ersten Verpflegungspunkte passierte er somit auch mit den besten/schnellsten Zwischenzeiten im Vergleich zu allen Staffeln. Voller Euphorie erwarteten wir ihn am 3. und somit letzten Wechselpunkt am Sportplatz in Teltow. Hier bereitete sich auch schon Andy auf die letzte und längste Etappe vor. Doch plötzlich ein Anruf von Ines - Thomas ging es nicht gut - er wollte abgelöst werden. Ich war wie erstarrt. Uli und Norbert waren unterwegs um sich zu stärken, Andy präparierte sich für seinen Lauf - Ines und ich waren leicht überfordert. Wir gaben so gute Ratschläge wie, er soll doch gehen, er soll Pause machen, er soll sich nicht so unter Druck setzen.....Inzwischen hatte ich im Internet gesehen, dass Thomas den Vorsprung auf krasse 13 Minuten ausgebaut hatte. Diese Info stellte ich natürlich sofort zu Ines durch - vielleicht würde das kopfmäßig etwas den Druck rausnehmen. 6 km lagen zu diesem Zeitpunkt noch vor Thomas. Die nächste halbe Stunde zog sich wie Kaugummi. Und dann plötzlich bog Thomas um die Ecke - laufend - und nicht gerade langsam. Später würden wir nachlesen können, dass er in dieser Phase immer noch die drittschnellsten Zwischenzeiten im Vergleich zu den anderen Staffelläufern erreichte. Als wir später wieder aufeinander trafen und langsam wieder Leben und Farbe in Thomas zurück gekehrt waren, erwähnte er im Rückblick auf seine Etappe fast als erstes, dass ihm die Hose immerzu gerutscht ist. Na wenn es weiter nichts war!

Aber nun zu Andy. Ines und ich hatten uns seine 60 Kilometer noch einmal in 3 Abschnitte geteilt, um das Ganze auch für Andy so kurzweilig wie möglich zu gestalten. Die gesamte Strecke blieb er skeptisch - er nannte es realistisch - inwieweit er den Vorsprung bis zum Schluss halten könne. Immer wieder rechnete er laut vor, wie "einfach" es wäre, diesen Vorsprung schmelzen zu lassen oder berichtete über eigene oder andere Erfahrungen bei Ultraläufen, bei denen die Entscheidung erst auf den letzten Kilometern ausgetragen wurde. Mit diesen und anderen spannenden Themen vertrieben wir uns die Zeit - wir mussten Andy nur die richtige Frage stellen. So verging die Zeit wie im Fluge und auch Andy staunte immer wieder, wie konstant er seinen 5:10er Schnitt halten konnte. Richtig spannend wurde es dann auf den letzten 15 Kilometern. Diese führten nun direkt durch die Mitte der Hauptstadt. Plötzlich mussten wir auf Fußgänger Rücksicht nehmen und an roten Ampeln anhalten. Aber Andy lief zu Hochtouren auf. Er bahnte sich bei steigendem Tempo seinen Weg durch die Tourimassen an der Eastside - Gallery - wir schlüpften am Check - Point - Charlie noch kurz vor einer vorbeikommenden Demo über die Straße - an roten Ampeln kämpfte Andy gegen aufsteigende Krämpfe - er erschreckte uns mit einem Sturz über eine Bodenwelle kurz vor der Bernauer Straße - aber er hielt bis zum Schluss sein hohes Tempo! Endlich ließ Andy auch für sich selbst den Gedanken zu, es wirklich geschafft zu haben. Das gipfelte schließlich darin, dass er die letzten 400 Meter (die Stadionrunde im Jahnstadion) im gefühlten 3er Schnitt zurücklegte. Wir anderen konnten nur noch irgendwie hinterherhecheln - eigentlich war ein gemeinsamer triumphaler Zieleinlauf geplant. Später würde uns Andy diese Aktion mit dem plötzlich einsetzenden Jagdtrieb erklären.

Tja und damit war es geschafft. Nach 13 Stunden und 11 Minuten waren alle Anstrengungen und Schmerzen vergessen - wir hatten tatsächlich gewonnen. Unsere Jungs haben hier eine großartige Leistung gezeigt und wir sind so furchtbar stolz, dass wir sie dabei begleiten durften! Auch für uns als Fahrradbegleitung war das ein unglaubliches und intensives Erlebnis, an dass wir noch lange zurückdenken werden.


 

von Thomas Probst

Was im gehobenen Ambiente begann, endete auch mit einer stilvollen Siegerehrung mit zahlreichen bekannten Ehrengästen, wo wir stolz unseren Buddybär-Siegerpokal in Empfang nehmen durften.

Den Machern des 100Meilen Mauerweglaufs ist es mit seinen unzähligen fleißigen Helferinnen und Helfern gelungen, eine hervorragend organisierte Ultralaufveranstaltung durchzuführen, die nicht nur den Bedürfnissen der Athletinnen und Athleten mehr als gerecht wurde, sondern konsequent auch eine Brücke zum geschichtlichen Hintergrund schlägt. Mit zahlreichen Aktionen zum Gedenken an die Opfer der Berliner Mauer, leistet der Mauerweglauf so einen wichtigen Beitrag gegen das Verblassen der Erinnerung an diese unmenschliche Grenze.

Es bleibt zu resümieren – Macht weiter so, wir kommen gern wieder!

Text: die o.g. Autoren
Bild: Sabine Eckel, Thomas Probst