27.07.2002 - Die lange Nacht von Reichenbach - Wo die Hexen fix sind und die Hallunken schleichen...
Ganz am Anfang–es war beim „long jog“im tiefsten Winter – stand die fixe Idee: Wie wäre es mit einem Start beim Reichenbacher 24 h- Staffellauf ? Soweit–so gut, zumal es unter uns einige „Aktivisten“ dieses Wettbewerbes gibt (F. Berger, C. Kutzer und K. Jautze). Aufgrund einiger Komplikationen und ungeahnter Kommunikationssschwierigkeiten war unsere Teilnahme jedoch noch wenige Tage vor dem Tage X ernsthaft gefährdet. Nicht zuletzt den Bemühungen der „besessenen Hexe“ Kathrin verdanken wir es, daß buchstäblich Stunden vor dem Start doch noch die 2 folgenden halleschen Teams in den Startlöchern standen (es blieb sogar noch Zeit für das Erarbeiten eines Zeitplanes und geeigneter taktischer Marschrouten):
Männer („Schleichende Hallunken“):Andreas Neubert-Steffen Blockus-Frank Berger-Jens Peter Jahr
Frauen („Die fixen Hexen“): Kathrin Jautze-Katja Lünser(unser Berliner Import!)-Cornelia Kutzer-Christine Berger
Betreuer: Familie Blockus (Mutter und Tochter)-Frau Jahr-Marcus Jautze-Herr Kutzer-Laufzeit-Kolumnist: „Ecki“ Broy
Voller Tatendrang, aber doch etwas beklommen ob des anstehenden Abenteuers machten wir uns am frühen Sonnabendmorgen auf den Weg ins Vogtland, wobei Frank den gecharterten PSV-Bus in schon bewährter Weise steuerte. Ein nicht alltägliches Bild bot sich, als die fast komplette Mannschaft kurz vor Reichenbach seitwärts in die Büsche marschierte – zum kollektiven Wasserlassen...
Auf dem Wettkampfgelände, herrschte bereits reges Treiben; entlang der Strecke war eine bunte Zeltstadt entstanden. Die 16. Auflage der traditionsreichen Veranstaltung bescherte dem rührigen Organisatinsteam um Uwe Schröter zum 2. Mal die Ausrichtung einer offiziellen deutschen Meisterschaft im 24-h-Lauf. Im Starterfeld der 100 Einzelläufer war mancher prominenter Vertreter aus dem Ultra-Lager auszumachen, so die sympathischen Läuferinnen von der LG Nord Berlin, der deutsche Juniorenmeister Rainer Koch oder last not least unser hallescher Vertreter Gerald Dudacy, Vizemeister der vergangenen 2 Jahre. Und der Meister? Ja auch Achim Heukemes war dabei, unmittelbar nach seinem Weltrekordversuch über 1000 Meilen in Hamburg freilich nurmehr als Zuschauer und Co-Kommentator. Leider hatten jedoch nur etwa 10 Staffeln den Weg nach Reichenbach gefunden. Die Organisatoren hatten wieder alles bedacht: reichhaltige Verpflegung im Start-Zielbereich, Stationen mit kühlendem Wasser auch unterwegs; dazu Moderation vom unverwüstlichen, schon legendären R. Zimmermann, der viele der Läufer persönlich ankündigte. Möglichkeiten zur Übernachtug und Duschen fanden sich in der nahegelegenen Turnhalle.
Der Kurs freilich hatte es in sich; auf der 2116,4 m-Runde wechselten kurze, schmerzhafte Anstiege mit Gefällepassagen, schmale Stege mit breiten Wegen. Als pünktlich 10.00 Uhr der Startschuß fiel, war abzusehen, daß es diesmal eine Hitzeschlacht geben würde – die Sonne brannte gnadenlos vom Himmel. Gut, daß jeweils nur 1 Runde zurückzulegen war. Nach gemäßigten Anfangsrunden fühlten sich in der ersten Phase des Wettkampfes noch alle frisch genug, um ständig schnellere Rundenzeiten vorzulegen, sodaß wir euphorisch bald alle Prognosen noch übertrafen. Das Frauenteam wurde seiner Favoritenrolle schnell gerecht; nach einiger Zeit geriet auch der Erfolg des Männerteams in greifbare Nähe.
Ab 22.00 Uhr geriet der Wettkampf in seine 2. Phase: Jeweils einer aus dem Team konnte 2h pausieren – die drei verbleibenden Läufer wechselten weiter nach jeder Runde. Die Frauen blieben unverdrossen zu viert dabei! Die Rundenzeiten ließen nun merklich nach und wohl oder übel mußten wir der Dauerbelastung allmählich Tribut zollen. Dennoch bot der nächtliche Lauf bei angenehmen Temperaturen und im silberfahlem Mondlicht, begleitet von „heißen Techno-Rhytmen“ aus dem Talkessel, auch ein großes Erlebnis. Unsere Betreuer liefen zu Hochform auf und sorgten für manche Aufmunterung und vor allem für die korrekte Einhaltung des Zeitplanes (danke !!!). Um Mitternacht lagen die Frauen bereits mit 8 Runden Vorsprung an der Spitze des Feldes, die Männer desgleichen mit 9 Runden, einzig verfolgt von dem starkem gemischtem Team aus Lößnitz.
Am Morgen, so gegen 6.00 Uhr, war die nächtliche Krise endgültig vorüber; 2 h Pause hatten bei allen für eine erstaunliche Regeneration gesorgt. Die Rundenzeiten kamen z.T. wieder in Bereiche wie in der Anfangsphase des Rennes. Die 7 Uhr-Hochrechnung sorgte für weiteren Aufwind: Das Frauenteam lag mit 31 km Vorsprung unangefochten auf Platz 1, die Männer gar mit 44 km, einzig das Lößnitzer Mixed-Team mischte noch kräftig mit. So ging es unverdrossen, gefeiert von den doch recht zahlreich erschienenen Zuschauern und bei erneut hochsommerlichen Temperaturen in den Endspurt. In die letzte Runde (9.55 Uhr) gingen dann alle gemeinsam, im Zuckeltrab und lauthals jubelnd. An einem vorher vereinbarten Punkt wurde dann verdientermaßen eine Sektflasche geleert und der Schlußknall abgewartet, ehe es frenetisch jubelnd ins Ziel ging: Doppelsieg für Halles Teams! Und jetzt - erst jetzt merkten wir alle die Spuren der vergangenen 24 Stunden ...
Die anschließende Siegerehrung (bei mittäglicher Hitze) geriet angesichts der vielen Kategorien etwas langatmig und wurde damit für alle etwas anstrengend – vielleicht einer der wenigen Kritikpunkte an der sonst gelungenen Veranstaltung. Schließlich waren auch wir an der Reihe und nahmen Medaillen, Erinnerungsgeschenke, jeder eine Flasche Sekt und einen Blumenstrauß in Empfang.
Die Rückfahrt verbrachten die müden Helden dann etwas einsilbig in ihren Sitzpolstern, Frank meisterte auch diese zusätzliche Belastung bravourös - eine kurze Unterbrechung bot willkommener Anlaß, die Beine zu vertreten.
Etwa 34 h nach Aufbruch standen wir wieder am Ausgangspunkt unseres kleinen Laufabenteuers. Reichenbach, wir kommen wieder!
Ergebnisse:
Deutscher Meister: S. Dutz 223,03 km (Mä)/ C. Bullig (Fr) 188,92 km
Männer
1. Schleichende Hallunken 318,3 km
2. LC Auensee I 267,3 km
3. LG Vogtland 256,5 km
Frauen
1. Fixe Hexen 286,6 km
2. LC Auensee II 246,2 km
Mixed
1. SuL Lößnitz 309,3 km
2. Einetaler 265,7 km
3 Sachsenblitz 250,8 km
Infos-Bilder-Ergebnisse: www.24-stundenlauf.de
Text: Andreas Neubert