19.01.2019 – 10. Wintermarathon Leipzig – Viele Dreier im Clara-Park
Spätsommer 2018 – es geht dem Saisonende zu und jeder macht sich bereits seine ersten Gedanken zu den Vorhaben in 2019. Ein Termin ist dabei schon fett in meinem Kalender eingetragen – es wird das bisher verrückteste Abenteuer meines Lebens und ich werde es mit Klaus er-, durch – und überleben. Doch dazu mehr an anderer Stelle. Somit stand eigentlich auch schon fest, dass das Training bis zum August 2019 fast ausschließlich aus Radtraining bestehen muss. Trotzdem reifte mit Blick auf meinen runden Geburtstag der irrwitzige Plan in meinem Kopf, meinen ersten Marathon zu absolvieren. Nein – keine Anzeichen von „midlife crisis“ – ich fühlte mich einfach reif bzw. bereit dafür. Nachdem ich im Juni mit Klaus 600km am Stück Rad gefahren war, hatte ich das Gefühl - ab jetzt ist alles möglich. Mental war ich also schon einmal bestens vorbereitet. Und da ich eben so ein Kopfmensch bin, habe ich auch nur ganz wenige in meinen Plan eingeweiht, um mich nicht gleich von Anfang an unter (Erwartungs)druck zu setzen. Die erste, die es erfahren hat, war natürlich Ines – verbunden mit der Bitte mich im Training und auch bei meinem Debüt zu begleiten. Ohne zu zögern, sagte Ines auch sofort zu. Da der Halbmarathon in Berlin am 07.04.19 bereits gebucht war, recherchierten wir nach einem passenden Marathon 4 Wochen später. Vorher mussten wir jedoch erst noch Klaus einweihen – er würde das entsprechende Training schließlich irgendwie in unseren Radtrainingsplan basteln müssen. Nun ja was soll ich sagen – Klaus war „not amused“……
Nachdem er jedoch ein paar Tage drüber geschlafen hatte und ihm unser Stephan als Überbrückung für den Winter zwecks Erhaltung der Kondition und Ankurbeln des Fettstoffwechsels usw. eh Lauftraining empfohlen hatte, bekamen wir grünes Licht für unser Vorhaben. Die Sache hatte nur einen Haken- es würde keinen typischen 21 Wochen Plan mit Wettkampfhighlight im schönen sonnigen April/ Mai geben – sondern einen kurzen knackigen Wintertrainingsplan mit dem Ziel den Wintermarathon in Leipzig zu laufen. Dafür bot sich Klaus auch an, der dritte Mann im dafür erforderlichen 3er Team zu sein. Zwischen Ines und mir reichte ein kurzer Blick und die Sache war gebongt – das Team „LAV Halensia inkognito“ war gegründet!
Nach einer diesmal sehr kurzen Verschnaufpause nach unserem Saisonabschluss im Oktober begann am 05.11. bereits das Training. 4 Wochen Aufbauphase – und dann 6 Wochen gezieltes Marathontraining. Mitte Dezember durchbrach ich problemlos erstmals die 30km – Schallmauer. 2 Tage vor Weihnachten erkämpften wir 3 gemeinsam mit Matthias die 32km – Marke und das alles im strömenden Regen und mit stürmischen Winden. Das Ergebnis war eine Woche später der erste 35er mit leichten Erkältungsanzeichen. Aber es sollte alles gut gehen. Es lief einfach wie geschmiert. Bei den Tempodauerläufen stolperten Ines und ich im Dunkeln durch die Straßen von Halle und sprengten trotz allem alle Zeitvorgaben – im positiven Sinne! Beim Silvesterlauf in Halle – eigentlich als Regenerationslauf gedacht – sprinteten wir auf der matschigen und nicht wirklich attraktiven Strecke zu (m)einer neuen Bestzeit – ja was soll ich sagen – es machte einfach nur Spaß! Nach zwei weiteren erfolgreichen 35ern war ich mir sicher – die jetzt noch fehlenden 7km würde ich irgendwie schaffen. Und mit meinen zwei Profis und erfahrenen Marathonis an meiner Seite konnte sowieso nichts schiefgehen. Der letzte Reiz wurde schließlich zum Halbstundenlauf gesetzt, bei dem ich es tatsächlich endlich mal wieder problemlos über 6000m schaffte – von mir aus konnte es losgehen! Unsere Strategie am Wettkampftag? Nun ich zitiere an dieser Stelle einfach einmal Trainer Klaus:
„Das ist ganz einfach – der Wintermarathon wird als langer Trainingslauf gelaufen. Und da es ein paar Kilometer mehr sind, gehen wir den betont locker an – also irgendwas zwischen 6:20 und 5:58 – aber die Pace finden wir auf der ersten Runde. Ich werde wie immer den Bremser geben, weil immer alle dank der Wettkampfatmosphäre und der Hormone mächtig aufs Gaspedal treten. „
Samstag 19.01.2019 – Wettkampftag
7:30 Uhr - Ich habe relativ gut geschlafen, ich genieße meinen Kaffee und die Ruhe allein am Frühstückstisch. Doch mit der Ruhe ist es schnell vorbei – mein Mann und meine Tochter haben mitgekriegt, dass ich schon wach bin und meinen nun, mich mit ihrer Anwesenheit von meiner Aufregung ablenken zu müssen. Natalie plappert unaufhörlich auf mich ein – nicht mal in Ruhe aufgeregt kann man sein!
8:30 Uhr – mein Trainingsteam der letzten Wochen (Matthias, Klaus und Ines) treffen ein. Noch schnell das obligatorische Foto und los geht’s nach Leipzig. Es ist knackig kalt – aber der Himmel verspricht schon jetzt einen traumhaft schönen sonnigen Tag.
9:30 Uhr – Ankunft im Gesundheitszentrum des BSV AOK im Clara – Zetkin – Park. Die Anmeldeunterlagen sind schnell abgeholt – diesmal verpackt in einem modisch roten Stoffbeutel – bedruckt mit dem Motto des Tages: MÜDE – ZU KALT – SCHNEE - Los geht’s!
9:45 Uhr – Ausbreiten in der zur Verfügung stehenden Turnhalle - erstmal Kaffee – und für die die Appetit haben selbstgebackenen Kuchen von Ines. Ich kriege keinen Bissen runter…
10:15 Uhr – Katrin Schneider vom Bitterfelder SV stößt zu uns. Sie ist dankenswerterweise erneut aufgrund eines krankheitsbedingten Ausfalls eingesprungen und wird im Team mit Matthias und Christine den Marathon absolvieren.
10:27 Uhr – ich denke das erste Mal „Was für eine sch…..Idee“.
10:30 Uhr – unser Halbmarathon Team mit Hans – Dieter, Lutz und Rainer trifft ein.
10:35 Uhr – und auch unser Männermarathon Team mit Stephan, Martin und Thomas hat den Weg zu uns gefunden. Draußen wartet schon Christine – der LAV ist somit vollständig und diesmal mit 4 Teams saustark vertreten.
10:45 Uhr – nochmal schnell aufs Örtchen und dann geht’s raus in die Kälte. Wow, ist das frisch! Aber die Sonne strahlt bereits – neben Handschuhen und Mütze kommt die Sonnenbrille heute zum vollen Einsatz. Schnell noch ein Vorher – Foto an der Start/ Ziellinie aller LAVler und schon füllt sich der Start/ Zielbereich mit all den anderen Teams. Heute zum 10. (Jubiläums) – Wintermarathon war ein neuer Teilnehmerrekord zu verzeichnen. Über 100 Teams hatten sich angemeldet – sicherlich auch dem geschuldet, dass es in diesem Jahr erstmals auch die Möglichkeit gab, einen Halbmarathon zu laufen.
11:07 Uhr – mit etwas Verspätung fällt der Startschuss. Das Teilnehmerfeld setzt sich langsam in Bewegung. Wir passieren heute zum ersten Mal die Verpflegungsstände. Hier würden wir uns jeweils nach einer absolvierten 4,2km Runde in den nächsten Stunden mit warmen Tee, Energydrink, Bananen, Schokolade u.ä. versorgen können.
Die erste Runde laufen wir fast komplett in einem großen Pulk. Überall Geschnatter und gut gelaunte Läufer/innen – die flache Rundstrecke läuft sich hervorragend – nur vereinzelt gibt es vereiste Pfützen. Bei km 2 werden wir vom alljährlich anwesenden Alleinunterhalter begrüßt und ein Stückchen begleitet und bei km 4 steht eine den Wiederholungstätern vom Vorjahr bekannte junge Frau in Skianzug, die gut gelaunt und mit Musikbox bewaffnet jeden einzelnen anfeuert, abklatscht und/ oder umarmt. Ebenfalls auf jeder Runde begegnet uns Christines Freund und schwärmt uns vor wie toll wir aussehen – vielen, vielen Dank dafür! Damit sind die Highlights der 4,2km Runde erzählt. Ganze 5x würden diese die Halbmarathonis und konsequenterweise ganze 10x die Marathonis heute erleben dürfen.
Mein Team und ich kamen sehr gut ins Rennen. Die ersten Runden liefen hervorragend und wir landeten bei einer Pace von 5:55 min/km. Nachdem ich auch nach Runde 3 die Verpflegungsstelle ohne Nahrungsaufnahme durchlief, erhielt ich von Klaus einen Kurzvortrag zum Thema Flüssigkeitsverlust pro Kilometer und Stunde – natürlich mit allen entsprechenden und eventuellen Auswirkungen. Ich gelobte ab sofort Besserung und ab diesem Zeitpunkt wurde es doch sehr ruhig in unserem Team. Wir hatten uns jedoch vorher verständigt, dass dies passieren würde und, dass dies nicht automatisch bedeutete, dass es jemanden von uns schlecht geht. Vor allem ich hatte natürlich ein wenig Angst, meine Energie unnötig zu verschwenden und konzentrierte mich deshalb nur auf das eine – laufen. Und es funktionierte weiterhin hervorragend. Nach 5 Runden wurde es merklich ruhiger auf dem Rundkurs – die Halbmarathonis hatten es bereits geschafft und beim 5. Queren der Ziellinie begrüßten uns Hans – Dieter, Lutz und Rainer. Um ihren Hals baumelte bereits die schicke Medaille und sie sahen äußerst zufrieden aus. Als wir Runde 7 antraten, musste ich zugeben, dass es sich jetzt doch etwas schwer anfühlt. Laut Klaus war das völlig normal – ab jetzt von Kilometer zu Kilometer denken und nacheinander abspulen. Ganz einfach also – oder!? Aber ebenfalls in Runde 7 spürte ich plötzlich eine Veränderung bei Ines. Sie war auch sehr still geworden und atmete ungewöhnlich schwer – auf meine Nachfrage bestätigte sie auch, dass es heute sehr schwer für sie lief. Ich gab mein bestes zum Thema Motivation – mir war fast unangenehm, dass es mir so erstaunlich gut ging. Aber so ist das wohl mit dem Marathon….
Irgendwann war es dann aber soweit – wir passierten die Verpflegungsstelle ein letztes Mal und wir blieben ein letztes Mal stehen, um uns für die letzte Runde zu stärken. Begrüßt wurden wir von meinem Mann und meiner Tochter und von unserem Männerteam. Stephan, Martin und Thomas hatten den Marathon bereits erfolgreich hinter sich gebracht und feuerten uns noch einmal lautstark für die letzten 4,2km an. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich ein Dauergrinsen im Gesicht, was glaub ich noch 2 ganze Tage anhielt. Diese letzte Runde fühlte sich so unheimlich leicht an. Ich konnte es kaum fassen, als die 40 auf meiner Uhr erschien – bis vor kurzem hatte ich eine solche Strecke im Laufstil noch kategorisch abgelehnt. Und plötzlich war sie da – die Ziellinie. Hand in Hand überquerte ich mit meinem Team die Ziellinie und wir fielen uns überglücklich in die Arme. Ich war soeben einen Marathon gelaufen – ich war total überwältigt und musste erst mal heulen….aber ich glaube auch das gehört irgendwie dazu….
Wenige Minuten nach uns erreichte auch das Team mit Matthias, Katrin und Christine überglücklich das Ziel. Somit war auch unser 3. LAV – Team mit viel Spaß, gegenseitiger Motivation, ein wenig Quälerei und ganz viel Teamgeist erfolgreich. Im Ergebnis wurde Team 3 sogar mit einer Sonderwertung geehrt und sahnte dabei ganz nebenbei Startplätze für den Leipzigmarathon im Frühjahr ab – die Quälerei hatte sich also doppelt gelohnt.
Nach einer heißen Dusche fanden wir uns schließlich alle noch einmal zusammen, um wenigstens einmal auf unseren heutigen Erfolg anzustoßen. Die Fortsetzung inklusive der Wettkampfanalyse folgte aber bereits wenige Stunden später beim Neujahrsempfang des LAV. Bei viel leckerem Essen und Trinken und mit vielem Gelächter ließen wir den Tag noch einmal Revue passieren – aber das wäre glatt noch einen extra Bericht wert.
Eines muss ich zum Schluss doch noch loswerden – Jungs – das mit dem im Wald verschwinden ohne Zeitverlust üben wir nochmal!
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Text Sabine Eckel
Bild: Matthias Allmich