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28./29.03.2015 - Halbmarathon in Prag und Warschau - Sekundensache!

Es bedarf schon einiger Worte mehr, um im abendlichen Montagskreis von meinem Wochenenderlebnis zu berichten. Während andere traditionellen Wegen folgten und in Berlin ihre Form prüften, ging ich mal wieder meiner Hauptstadtlauf-Sammelleidenschaft nach. Und dieses Mal lechzte der Körper gar nach einer doppelten Dosis...

Doch zunächst ein Blick zurück. Es muss wohl im Oktober des letzten Jahres gewesen sein, als ich mal wieder nach interessanten Läufen im europäischen Ausland recherchierte. Und, wie ich da die noch nicht besuchten Hauptstädte + Laufbegriff in die Suchmaschinen einspeiste, schoss bei mir schlagartig der Puls in den WK-Bereich, als ich die voraussichtlichen Termine für die Halbmarathons in Prag und Warschau sah. Sollten die tatsächlich am Samstag und Sonntag des gleichen Wochenendes stattfinden? Nun war mein Ehrgeiz geweckt. Könnte es ggf. möglich sein, beide Läufe irgendwie zu verbinden? So wurden die Seiten von Flug und Bahngesellschaften gewälzt und einige Szenarien ausgetüftelt. Heraus kam letztlich folgender Plan:

  • 28.03. - PKW - von Halle nach Leipzig
  • 28.03. - Zug - Leipzig (ab 5:05 Uhr) - nach Prag (an 9:25 Uhr) mit Umsteigen in Dresden
  • 28.03. - Halbmarathon Prag (Start: 12 Uhr)
  • 28./29.03. - Zug - Prag (ab 23:08 Uhr) - nach Warschau (an 7:20 Uhr) im Schlafwagen
  • 29.03. - Halbmarathon Warschau (Start: 10 Uhr)
  • 29.03. - Zug - Warschau (ab 14:59 Uhr) - nach Leipzig (an 22:05 Uhr) mit Umsteigen in Berlin
  • 29.03. - PKW - von Leipzig nach Halle

Also eigentlich ja ganz einfach ;-), wenn da nicht die Abholungszeiten für die Startunterlagen die ganze Sache verkompliziert hätten. So mussten diese bis spätestens Samstag 10 Uhr (Zugankunft 9:25 Uhr) in Prag abgeholt werden. In Warschau war dies überhaupt nur am Freitag und Samstag möglich. Nun war guter Rat teuer. Nach dem Motto: Fragen kostet nichts - schilderte ich per E-Mail dem Org.-Büro mein Vorhaben und bekam prompt angeboten, die Unterlagen am Veranstaltungstag im Infozelt entgegennehmen zu können. Spitzenservice! Der Plan schien also doch aufzugehen! Allerdings war noch eine wesentliche Hürde zu nehmen. Das Vorhaben konnte nur mit einem Schlafwagenplatz funktionieren und dessen Buchung war erst zwei Monate vor Reisebeginn möglich. Weitere organisatorische Dinge mussten so also zunächst auf Eis gelegt werden. Ende Januar dann der Schock! Zwar waren, sowohl Schlafwagen und sämtliche andere Züge buchbar, jedoch war zwischenzeitlich das Teilnehmerlimit in Prag (12.500) erreicht. Ernüchterung und Enttäuschung machten sich breit. Allein unseres Vereinsmitglieds Andreas Neubert war es zu verdanken, dass er mir mit seinen tschechischen Sprachkenntnissen, die Option des Startplatzes über eine charitative Vereinigung eröffnete, die ich nicht ausschlagen konnte. Kurzerhand wurden sämtliche Verkehrsmittel und Wettkämpfe gebucht und die Vorfreude stieg.

Am letzten Wochende war es endlich soweit und wir (Gert und ich) konnten die Realisierbarkeit des Plans in der Praxis prüfen. Zugegebener Maßen war ich gegenüber den vergangenen Reisen (Barcelona, Lissabon, Rom, Helsinki, Amsterdam, Sofia) doch ziemlich angespannt. Zu viele Unwägbarkeiten konnten die Sache scheitern lassen. Mit Auto und Zug ging es also über Dresden nach Prag. Die Bahnstrecke folgte lange Zeit der Elbe und Moldau und luden dazu ein, diese auch mal näher zu besuchen und den dortigen Radweg zu beradeln. Der Genuss der Fahrt wurde lediglich durch bange Blicke auf die Uhr getrübt. Diese signalisierte jedoch kurz vor Prag, dass wir pünktlich sind. Nun war es in unserer Verantwortung, in nur 35 Minuten vom Bahnhof zur Marathonmesse zu gelangen, um unsere Startunterlagen abzuholen. Der Weg, ca. 3,5km, war vorher recherchiert und die eng getaktete Metro sollte uns wertvolle Zeit bringen. An unserer Ausstiegshaltestelle erinnerte jedoch rein gar nichts an eine Laufveranstaltung. Kein Läufer, kein Schild, nichts. Ein Passant empfahl uns dann, eine Station weiterzufahren und es dort zu versuchen. Gesagt, getan. Die Treppen hochstürzend erspähte ich eine Läuferin, die es auch mächtig eilig hatte. Kurzerhand angesprochen, rannten (!) wir in Richtung Marathonmesse. Exakt 9:58 Uhr kamen wir schließlich erleichtert dort an. Keine Sekunde zu spät, denn die Mitarbeiter/innen waren gerade noch im Abbau begriffen. Glücklich nahmen wir unsere Startunterlagen (Startnummer, Rucksack etc.) entgegen und schnauften erst einmal richtig durch.

Gleichzeitig nutzten wir die Halle als Umkleidemöglichkeit, da es draußen zwar sonnig war, dennoch aber ein böiger Wind herrschte. Über den Hauptbahnhof, wo wir unser Gepäck deponierten, fuhren wir dann mit der von Läufer/innen vollgestopften Metro in Richtung Start. Dort trafen wir auf eine perfekte "Einbahnstraßenorganisation", die es uns erleichterte, einfach im Verkehr mitzuschwimmen und sämtliche Dinge zu erledigen (Gepäckabgabe etc.). Pünktlich erreichte ich so meine Startgruppe und machte mir derweil Gedanken, was trotz der ganzen Hektik denn noch läuferisch so drin sein könnte. Damit das ganze Abenteuer auch noch einen trainingstechnischen Zweck erfüllen konnte, empfahl mir im Vorfeld Eik, zwei schnelle Halbmarathon-Tempoläufe zu gestalten. Prag in 1:35h und Warschau in 1:25h. Unter Smetanas "Moldaukomposition" nahm ich Teil 1 des "Trainingsplans" nach dem Startschuss am Ufer der Moldau unter die Füße. Das erforderliche Tempo fand ich trotz der engen Straßen und vielen Kopfsteinpflasterpassagen recht schnell und so konnte ich die herrliche Altstadt und die Uferpromenaden mit Karlsbrücke unterhalb der Prager Burg genießen. Auch die Umrundung einer Brauerei war in die Streckenführung eingebaut, ein Genuss also für jeden laufenden Biertrinker (aber davon gibt es ja recht wenige ;-)). Viele Bands und Tanzauftritte rundeten den Lauf bis ins Ziel ab, welches ich nach 1:31:53h erreichte und mir eine tolle Finisher-Medaille umhängen konnte. Auch Gert erreichte im Genusslauftempo das Ziel. So war anschließend noch Kraft und Muse vorhanden, um ein paar Sehenswürdigkeiten der Stadt zu erkunden (Karlsbrücke, Karlsuniversität, Wenzelsplatz etc.) und regionale Köstlichkeiten zu genießen.

In der Nacht sollte dann der nächste Höhepunkt der Reise folgen, denn eine Fahrt in einem Schlafwagenzug hatte ich auch noch nicht erlebt. Umso überraschter waren wir, als wir ein gepflegtes Abteil mit Doppelstockbett und Waschmöglichkeit vorfanden. Eine erholsame Nachtruhe sollte also gesichert sein, zumal uns die Sommerzeitumstellung noch eine Stunde "klauen" würde. Gegen 6:30 Uhr klingelte dann unser Wecker, wir aßen ein wenig und bereiteten uns auf den Lauf vor. Da der Blick aus dem Fenster zur geplanten Ankunftszeit nur Nebel und flache, unbewohnte Landschaft zeigte, machte ich mich kurzer Hand auf, den Schaffner, der übrigens schlief, nach der voraussichtlichen Ankunftszeit in Warschau zu fragen. Recht emotionslos teilte mir dieser "Perhaps nine o´clock" mit. Niedergeschlagen überbrachte ich Gert die Nachricht und wir überlegten, was wir sonst noch machen konnten. Hinterherlaufen war zum Beispiel eine Alternative. Um 9:05 Uhr erreichten wir dann tatsächlich "Warszawa Centralna" und der Startschuss für eine erneute Hatz fiel. Glücklicherweise fanden wir sofort den richtigen Bahnhofsausgang und trafen kurz darauf auf Läufer/innen, die alle in eine bestimmte Richtung strömten. Über viele Helfer/innen kämpften wir uns durch knapp 13.000 Läufer/innen zum o.g. Informationszelt, wo wir freudestrahlend unsere hinterlegten Startunterlagen (Startnummer, T-Shirt, allerlei Give-aways) in Empfang nahmen. Sogar zu unseren Gepäckabgabezelten wurden wir von einer freundlichen Helferin geleitet. Nun war es 9:40 Uhr und wir überlegten, was nun noch sportlich zu erwarten sei. Schon total durchgeschwitzt, entschied ich mich, den Pacemakern auf 1:30h zu folgen. Dies musste ich zwingend tun, da zu allem Überfluss noch mein Garmin streikte und ich so über keinerlei zeitliche Orientierung verfügte. Wo es in Prag klassische Klänge zum Start auf die Ohren gab, hämmerten hier harte Bässe und eletronische Sounds durch den Startkorridor. Auch die Streckenführung zeigte uns eine moderne Stadt mit vielen neuen Bauwerken (z.B. Bürotürme und Stadien), breiten Straßen und Tunnel mit Videoprojektionen. Die Stimmung am Streckenrand mit Bands und Co. und die Verpflegung standen in keinster Weise denen des Prager Halbmarathons nach. Zu guter Letzt hielt der Warschauer Halbmarathon noch einen Leckerbissen für uns bereit und zeigte uns eine wiederaufgebaute Allstadt und zünftige Militärkapellen zum Endspurt. Läuferisch lief es leider nicht so gut. Ab KM 13 kämpfte ich mit Achillessehnenschmerzen, die mich zwangen, etwas auf die Bremse zu treten. Bei KM 18 musste ich die Pacemaker von 1:30h ziehen lassen und ich lief im "schonenden" Laufstil nach 1:31:54h (exakt eine Sekunde langsamer als am Vortag) ins Ziel.


Nach nur 6h Aufenthalt in Warschau traten wir mit vielen Eindrücken und vollkommen erschöpft die Heimreise an, welche mit dem legendären Berlin-Warschau-Express auch ohne Mühe gelang.

Fazit: Beide Halbmarathons können uneingeschränkt empfohlen werden. Den beiden Austragungsorten konnten wir freilich nicht gerecht werden, sondern bedürfen mehr Zeit, um deren Sehenswürdigkeiten umfassend erkunden zu können! Riesen Spaß gemacht hat es trotzdem!

Text/Bild: Thomas Probst