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21.03.2015 - 6-Stundenlauf in Rotenburg/Fulda - Rundendrehen in Waldhessen

Vor geraumer Zeit, noch mit euphorischen Vorsätzen für das neue Jahr beladen, hatten sich Berichterstatter und sein chronisch unterzuckerter Lauffreund Otto alias Holger – seit dem Vorjahr knapp unterhalb der höchsten (vulkanischen) Erhebung zwischen Saale und Ural als Einsiedler hausend – für den Start in die Langstreckenlaufsaison 2015 einen 6 -Stunden-Lauf ausgesucht. Nicht in New York - oder eben Nürnberg wie in den Vorjahren, sondern in Rotenburg an der Fulda im nordhessischen Bergland. Schon im Vorfeld machte die Sache trotz des (aus unerfindlichen Gründen) nicht „bestenlistenfähigen“ Kurses einen guten Eindruck.

Nun aber war zum "Tag X" des LAV-Präsidenten eines Bein kaputt, von meinen aber keines und so musste ich trotz mangels Trainings schlechter Form  die Bahnreise via Eisenach und Bebra ins  Kurhessische allein antreten.

Das beschauliche Städtchen Rotenburg mit seinen herausgeputzten Fachwerkbauten empfing mich in malerisch - provinzieller Behaglichkeit. In diesem überschaubaren Kreis am Ufer der munter dahinplätschernden Fulda schien seit Menschengedenken alles seinen gewohnten, etwas behäbigen, Gang zu gehen – vielleicht gerade auch ein guter Ort für eine rechtschaffen - unaufgeregte Lauforganisation? Schnell waren außer dem dominanten Kirchturm, das Schloss mit Park (der Startort), ein Museum, das jüdische Bad (Mikwe), einige Gastwirtschaften und ein globalisierter Großmarkt ausgemacht. Am interessantesten fand ich noch die öffentliche Buchleihstation, an der abwechselnd Lektüre entnommen und deponiert werden kann – durchaus nachahmenswert!

Die Nacht vor dem Start verbrachte ich praktischerweise in der organisatorisch involvierten Jugendherberge – ganze 50 ½ Schritte von der Startlinie entfernt.

Am Samstagmorgen kurz vor 10.00 Uhr fanden sich an eben dieser Stelle, wo es justament erst einmal Schneeregen nieselte, knapp über 70 Aktive ein, Harald Heyde, bei dem seit Jahr und Tag alle Fäden des Rotenburger 6-Stunden-Laufes zusammenlaufen, schickte die bunte Teilnehmerschar auf die 1145 m-Runde durch den Schlosspark. Diese ist zu mehr 90% asphaltiert, weist wenig Pflasterpassagen und eine kleine „Steigung“ auf, an der sich im Laufe des Rennens jedoch die Erdkruste merklich zu heben schien.

Die gesamte Organisation von der Rundenregistrierung und Streckenabsperrung bis hin zum gut bestückten Verpflegungsstand wurde sehr engagiert und souverän bewerkstelligt. Dabei blieb die Atmosphäre stets wohltuend familiär und ruhig. Da machte das Laufen Spass; man konnte unbesorgt und ganz bei der Sache sein.

Äußerlich blieb es weitgehend trübe und kühl an diesem Tag, aber wenigstens hatte Petrus ein Einsehen und schickte späterhin kein Nass mehr vom Himmel herunter.

Und dann? Keine Ahnung! Die Zeit verging wie im Fluge – die Kirchturmglocken schlugen ein ums andere (insgesamt wohl 24) Mal. Die Distanz wurde hübsch in 10-Runden-Paketen und lohnende Zwischenziele (30 km, Marathon und 50 km) portioniert. Gegen 15.55 Uhr folgte noch ein kleiner „Sprint“ und schon war alles vorüber.

Auch danach lief alles wohlorganisiert ab. Nach der Dusche wurde zum leckeren Langstreckenbüfett gerufen und die Siegerehrung gab es gleich dazu, wobei man sich trotz großer Wertschätzung vor jedem Teilnehmer nicht mit ellenlangen Altersklassenwertungen abgab – sehr entspannt! Kleine, symbolische Preise – die meist von Läufern gespendet - suchte man sich ganz unkompliziert am Gabentisch selber aus.

Zu guter Letzt hatte ich die Ehre, mit „Mister 6-Stundenlauf“ Harald Heyde noch etwas Läuferlatein auszutauschen. Und da kam noch ganz Erstaunliches zu Tage. Der sympathische Ultraläufer „erfand“ vor vielen Jahren den 6-h-Lauf von Rotenburg (zuerst Bad Hersfeld) – ehe diese Wettkampfform so richtig zu boomen begann – weil er und seine Mitstreiter in den sogenannten Lauftreffs übliche Training zu schnell (und kurz) war. Und er stemmt das Ganze unbeirrt von allen Zeitläufen bis heute zur nunmehr 16. Auflage ohne Verein. Harald Heyde ist an einem Tag des Jahres sozusagen multiple Persönlichkeit oder Hirn, Herz und Hand des Marathonteams Waldhessen. Die Helfer kommen quasi auf Zuruf Jahr für Jahr dazu. Und Harald Heyde organisiert daneben auch Einladungsläufe ohne Wettkampfcharakter – quasi „Heimattouren“ über einen oder mehrere Tage.

Etwas müde, aber voller lebendiger Eindrücke begab ich mich zurück gen Heimat. Rotenburg ist eine Reise wert. Otto, next year?!

Ein Laufbericht vom rasenden Laufreporter J. Kelbel fand sich schon am Sonntag im Netz. Und vom Organisator gab es Ergebnisliste und Fotolink per freundlichem e-Mail - Dankeschön!
 

Text: lime kečepotaz/ Bild: Harald Heyde